Hürustreffen – virtuell

Hürustreffen – virtuell

20/04/2020 Uncategorized 0

Der verwaiste Platz am Fasnachtsbrunnen: kein Hürus weit und breit

Es ist Samstag. Samstag vor Palmarum. Die Glocke der Fridolinskirche hat die vierte Stunde des Nachmittags geschlagen. Eingefleischte Zeller Fasnächtler wissen: Das ist der letzte offizielle Termin der Zeller Fasnacht. Der Allerletzte. Jetzt beginnt das Hürustreffen. Jenes Treffen, zu dem sich die ehemaligen Regenten der Zeller Fasnacht auf dem Platz ihrer Machtübernahme am Fasnachtsbrunnen zusammenfinden. Aber in Corona-Zeiten ist das so eine Sache. Da müssen selbst Hürusse daheim bleiben. Der Platz am Fasnachtsbrunnen bleibt deshalb verwaist.

Aber Hürusse wären keine Hürusse, wenn sie keine Ideen hätten, das Beste aus der Situation zu machen: Sie treffen sich – aber virtuell.

Jeder feiert alleine bei sich zuhause und ist über What’s App, Skype oder sonst irgendwie über WLAN mit den anderen verbunden. Jeder trägt natürlich seinen edlen Zwirn und den Hürusorden. Etikette bleibt Etikette. Der „Wilde Mann“ bereitet „Chuttle to go“ vor, die einzeln, mit gehörigem Abstand dort abgeholt werden. Ehrenhürus Hans vom Speckzinke sitzt daheim im fernen Norddeutschland. Seine „Hürusbuebe“ haben ihm ein Portion Chuttle in einem Kuvert geschickt. Der Ehrenhürus behauptet sogar, dass sie noch warm bei ihm nahe Hannover angekommen wären.

So wird geschlemmt und getrunken. Es werden Sprüche geklopft und Fasnachtlieder gesungen. Dabei sieht man sich allerdings gegenseitig nur auf verwackelten Videoaufnahmen auf dem Smartphone. Selbst die Hürusmusik spielt auf. Allerdings nur einzeln als Solisten oder zu zweit. Aber überall zwischen Sunneland und Grönland erklingt das Hüruslied von Balkonen und aus Fenstern. Vereinzelte Ta-Hü-Rufe sind gar zu hören.

Gegen 21 Uhr wird’s ernst. Der Ehrenhürus bittet um die Meinung jedes einzelnen: Soll der diesjährige Hürus Christoph de ZM vom Adelsberg in den erlauchten Kreis der Edlen Herren von Altenstein aufgenommen werden? Die Abstimmung erfolgt via What’sApp. Das Ergebnis ist eindeutig: alle Daumen hoch für Hürus Christoph.

Erst spät in der Nacht, nach hunderten von Sprach-, Bild und Videonachrichten, als die Batterien des letzten Handys leer sind, wird es ruhig. Auch die Kerzen, die jeder Hürus für die bereits verstorbenen Hürusse ans Fenster gestellt hat, gehen langsam aus. Die Hürusse haben gezeigt, es geht auch virtuell. Aber trotzdem, es ist halt nichts Gescheites. Auch sie freuen sich auf bessere und gesellige Zeiten. Dann wird nochmals gefeiert, aber richtig real …

Hürus Uli

Das Hüruslied erklingt von der Hürusmusik in ganz Zell von Balkonen und aus Fenstern